Knieschmerzen / Kniescheibe / Chondropathia Patellae
Mein Knie schmerzt vorn und mitten drin. Was kann das sein?
Vordere Knieschmerzen sind häufig, sie werden meist durch kurzfristige Belastungsveränderungen ausgelöst und sie haben verschiedene Namen, die wenig erklären: Chondropathia patellae, Femoropatelläres Schmerzsyndrom.
Unser Kniegelenk ist – mit den Augen eines Ingenieurs betrachtet – eine geniale Konstruktion. Dank ganz speziellen Konstruktionsdetails wie den Kreuzbändern und den Menisken ist das Knie gleichzeitig stabil und höchst beweglich. Wegen der nicht so seltenen Verletzungen geniessen diese Strukturen einen relativ hohen Bekanntheitsgrad. Geradezu ein Mauerblümchen ist dagegen die Kniescheibe, obschon auch sie eine wichtige und besondere Aufgabe erfüllt. Damit die äußerst kräftigen vorderen Oberschenkelmuskeln ihre Kraft auf den Unterschenkel übertragen können ohne dass mit der Zeit die Sehen wegen des grossen Umfangs der Kniebeugebewegung durchscheuert, hat die Natur die Kniescheibe erfunden. Technisch gesehen, ersetzt die Kniescheibe eine sonst nötige Umlenkrolle, was ja wohl kaum zu einer sehr hübschen Lösung geführt hätte. Dank einem vollständigen Gelenk mit Knorpelüberzug zwischen Kniescheibe und Oberschenkelknochen werden so die Reibekräfte bei der Bewegung minimiert. Was jedoch bleibt, ist ein grosser Anpressdruck und da sind wir nun mitten im Thema.
Nimmt man sich die Mühe und berechnet den Druck, den die Kniescheibe zum Beispiel beim Sport aushalten muss, dann werden zwei Dinge klar: Die Druckbelastung für den Kniescheibenknorpel ist generell hoch und jede Belastungssteigerung führt zu einer deutlichen Druckerhöhung. Das macht verständlich, wieso die Kniescheibe sehr früh reklamiert, wenn ein Sportler die Belastung zu rasch steigert und damit dem Körper nicht Zeit lässt für die notwenigen Anpassungsprozesse. Diese Schmerzen sind für den betroffenen oft nicht einfach zu orten. Sie werden zwar meistens eher im vorderen Teil des Kniegelenkes angegeben, sehr häufig aber auch als diffus und mitten im Gelenk empfunden. Gerade weil diese Schmerzen ohne offensichtlich Verletzung und ohne sträfliche Überlastung auftreten, sind die Betroffenen meist im Unklaren darüber, was in ihrem Knie vor sich geht.
Bleibt es bei einer einmaligen Überlastung dann schmerzt das Kniescheibengelenk wohl noch ein zwei Tage und dann ist der Spuk vorbei. Fällt die Überlastung jedoch massiv aus oder wiederholt sie sich mehrmals, kann der Reizzustand so gross werden, dass er sich auch bei alltäglichen Belastungen verstärkt. Dann läuft ein Teufelskreis ab und es entwickelt sich gelegentlich eine längere Leidensgeschichte.
Obschon solche vorderen Knieschmerzen als Folge von Überlastungen sehr häufig auftreten, sind die genauen Vorgänge im Gewebe der Kniescheibe bei der Schmerzentstehung nicht ganz klar. Das hat auch dazu geführt, dass es für die Diagnose mehrere Begriffe gibt. Chondropathia Patellae wurde das Problem lange genannt, weil man eine eigentliche Knorpelerkrankung vermutete. Heute haben sich rein beschreibende Begriffe druchgesetzt, sei es „Vordere Knieschmerzen“ oder „Femoropatelläres Schmerzsyndrom“
Wie man Kniescheibenschmerzen behandeln oder noch besser im vornherein vermeiden kann, erfahren Sie im nächsten Beitrag.
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23.08.2012 at 18:33
Geschätzter Herr Reich
Aufmerksam habe ich Ihren Blog gelesen. Deshalb erlaube ich mir, Ihnen dieses Mail zu schreiben.
Ich bin 56 Jahre alt und bis vor 5 Jahren aktiver Biker gewesen. Ich habe mit meiner Frau immer wieder Fahrradreisen unternommen.
Plötzlich fing mein linkes Knie/Kniescheibe an zu schmerzen. Ich kann ca.7-8 Kilometer auf der flachen Strasse Fahrrad fahren, dann fängt der Schmerz schwach an und wird immer stärker. Ich kann dann fast nur noch mit einem Bein nach Hause treten. In den letzten Jahren hat sich nichts verbessert und ich habe das Velo fahren eigentlich, schweren Herzens, aufgegeben.
Denselben Schmerz verspüre ich auch nach ca. 1 1/2 Std. beim Bergauflaufen. Im Gegensatz zum Fahrrad fahren geht der Schmerz irgendeinmal, beim weiteren Bergauflaufen, wieder weg. Erstaunlicherweise kann ich 2000 Höhenmeter steil und zügig ohne Stöcke hinunterlaufen und verspüre keine Schmerzen. Wenn beim schmerzenden Bergauflaufen eine flache Passage oder ein kurzer Abstieg folgt ist der Schmerz auch weg und meldet sich beim nächsten Anstieg wieder zurück. Bis jetzt konnte ich immer schmerzfrei gelegentlich joggen, den Berg hinunterrennen, langlaufen und skifahren.
Ich habe ein MRI machen lassen, war schon bei mehreren Ärzten z. B. Uniklinik Zürich, Sportklinik Basel (auch mit dem Fahrrad zum Ausmessen) und habe Physio mit Akupunktur gemacht. Leider alles ohne Erfolg.
Meine Frage: Kennen Sie Menschen mit den gleichen Symtomen? Ich kenne nur Leute, die beim Hinunterlaufen Schmerzen haben aber gut Fahrrad fahren können.
Herzlichen Dank, dass Sie sich die Mühe genommen haben mein Mail zu lesen. Ich würde mich über eine Antwort freuen.
Freundliche Grüsse
Kurt Jauch
26.08.2012 at 21:38
Guten Tag Herr Jauch
Ihr Schilderung spricht dafür, dass in Ihrem Kniescheibengelenk ein umschriebener Bereich, dort wo der Druck
im heiklen Winkelbereich zu Schmerzen führt, ursprünglich wohl durch eine Überlastung empfindlich wurde. In solchen
Situationen ist das Bergabgehen, dass ja vor allem in der Nähe der Streckstellung zur Belastung der Kniescheibe führt,
schmerzfrei. Für mich ist es nicht aussergewöhnlich, dass die heikle und überempfindliche Kniescheibenzone eben Beugestellungen im Mittleren Teil des Kniebewegungsumfangs betreffen.
So gesehen denke ich, dass Sie durchaus eine Chance haben, bei einem gezielten, aber eben auch bezüglich Belastungsgestaltung sehr konsequenten Aufbau, Ihre Belastbarkeit für das Fahrradfahren deutlich zu verbessern
Viele Grüsse
Christoph Reich
16.02.2021 at 19:34
Guten Abend Herr Reich
Sie haben einen sehr interessanten Artikel geschrieben. Ich danke Ihnen.
Freundliche Grüsse