Achillessehne / Achillodynie
Wieso sind Entzündungen der Achillessehne so unberechenbar und anhänglich?
Achillessehenentzündungen haben einen schlechten Ruf. Sie kommen aus heiterem Himmel, wollen einfach nicht heilen und werden häufig chronisch. Verstehen, was dahinter steht, ist der erste Schritt zur erfolgreichen Heilung und zur Vorbeugung
Für einmal kann ich es mir einfach machen. Besser als in meiner NZZ-Kolumne „Das Achillessehenenprogramm“ kann ich das Grundproblem bei der Achillessehenenenzündung (in der Fachsprache: „Achillodynie“) nicht auf den Punkt bringen. Schauen Sie sich doch zuerst mal den entsprechenden Blogbeitrag an.
Alles klar? Unberechenbar ist die Achillessehnenentzüdung nur solange man den Teufelskreis „zu hohe Belastung und verzögerte Entzündungsreaktion“ nicht durchschaut hat.
Und was ist mit den häufig bei Achillessehenenproblemen angeschuldigten Sündenböcken: Die Überpronation, der falsche Schuh, der falsche Laufstil, eine Beinlängendifferenz, fehlende Einlagen für den Knicksenkfuss, sollen die denn plötzlich keine Rolle mehr spielen? Alle diese Punkte können natürlich einen Einfluss auf die Beanspruchung der Achillessehne haben. Als alleinige Erklärung für die Achillodynie taugen sie aber meistens nicht, weil unser Körper sich, wenn wir ihm Zeit lassen, an die meisten Belastungen und damit auch an Abweichung vom Idealzustand anpassen kann. Wenn Sie dazu mehr wissen wollen, dann können sie auch diese NZZ-Kolumne noch ansehen. Empfindlich reagiert der Körper hingegen, wenn wir von ihm etwas verlangen, was er nicht gewohnt ist, wofür er nicht die Zeit hatte, sich anzugewöhnen.
Anhänglich sind Achillessehnenbeschwerden unter anderem auch, weil die Sehne und der Sehnenansatz aus mechanisch hochbelastbarem aber stoffwechselmässig relativ schlecht versorgtem Bindegewebe besteht. Reizzustände, aber auch Verletzung an Sehnen heilen deshalb immer sehr langsam ab. Damit bleibt auch viel Zeit, um die Sehne beim Heilungsprozess mit nicht angepassten Belastungen zu stören. Eine ideale Voraussetzung für einen lang dauernden Teufelskreis.
Weitere Artikel zu den Themen "Sehne/Muskulatur", "Training/Belastung" und "Ueberlastungsfolgen" lesen.
06.09.2011 at 22:28
Genau diese Punkte bringen es auf den Punkt.
Ich habe ihre Empfehlungen jetzt seit März 2011 umgesetzt. Erfolge konnten wir ja bei den jeweiligen Untersuchungen feststellen.
Abstürze gab es auch immer wieder mal aus verschiedenen Gründen.
Einmal waren es die wirklich falschen Laufschuhe, dann eine zu schnelle Belastungssteigerung (Länge des Laufes, Tempo).
Auch ungeplante Laufpausen (Urlaube ohne Lauftraining) wirkten sich negativ aus.
Man darf die erwähnten ÜBUNGUNGEN nicht vernachlässigen und auch die Bürstenmassage trägt zur Heilung bei, da sie den Stoffwechsel im Sehnengewebe anregt.
Wenn wieder Beschwerden auftreten, weiss ich mir zu helfen. Ich habe alles dokumentiert, was ich seit März unternommen habe.
Wichtig ist, ganz genau in sich hinein zu hören und sich nicht verleiten zu lassen, nach einem beschwerdefreien, folgenlosen Lauf die Intensität zu sehr zu steigern.
11.09.2011 at 12:31
Vielen Dank für die Hinweise aufgrund ihrer Erfahrungen. Das motiviert andere, die notwendige Geduld aufzubringen! Weiterhin viel Spass beim Laufen!
05.02.2012 at 17:04
Vorbemerkung: Ich bin 72, 74 kg schwer, leidenschaftlicher Alpinist und gehe durchschnittlich 4 mal pro Woche eine halbe Stunde joggen.
Vor 2 Monaten handelte ich mir vermutlich durch übermässiges Seilhüpfen eine Achillessehnen-Entzündung ein. Ich konnte ab sofort nicht mehr joggen, sogar das Gehen war nur einige Meter möglich, und auch nur mit Schmerzen. Ich glaubte, mit Massage und Wechselbädern das Problem zu lösen. Es wurde nur noch schlimmer…
Vor einem Monat suchte ich also, als die Sehne bereits dicker war als die am gesunden Fuss, einen Sepzialisten auf, der mir Schuheinlagen unter beiden Fersen (ca. 1m dick) und absolute Schonung während einigen Monaten empfahl.
Seither kann ich wieder schmerzfrei gehen, aber ich hüte mich davor, in den nächsten Monaten die Belastung wesentlich zu erhöhen, denn: Ein Rückfall bedeutet, wieder bei Null anzufangen! Das Aufbautraining (Dehnen-Gehen, leichtes Joggen) muss ausserordentlich sachte angegangen werden. Der leiseste Schmerz ist bereits Anzeichen von Überlastung! Man muss der Achillessehne wie jeder Sehne im Körper vor allem Zeit für die Regenerierung geben. (Früher operierte man doch jede gerissene Sehne, heute fast nicht mehr…)
Meine Empfehlung: SOFORT einen Spezialisten aufsuchen und nicht zuwarten, wie ich es getan hatte… Die Achillessehne ist einfach zu wichtig, wenn man Sport treiben will.
Und: Medikamente (z.B. Voltaren gegen die Entzündung)) nützen nur im Anfangsstadium.
05.02.2012 at 22:39
Vielen Dank für den Beitrag, Herr Rohner.
Zwei Bemerkungen meinerseits:
1. Der dosierte Belastungsaufbau ist in der Tat eine Gratwanderung. Schonen alleine löst das Problem allerdings meistens nicht, die Sehen muss sich sukzessive wieder an die Belastung gewöhnen.
2. Eine Absatzerhöhung ist in ganz akuten Fällen durchaus eine gute Option. Es braucht allerdings dann eine stufenweise Reduktion der Erhöhung, damit auch unter normalen Umständen wieder eine normale Belastbarkeit erreicht werden kann.
03.02.2013 at 07:15
Ich stieß durch Zufall auf Ihre Beiträge und war gleich begeistert. Ihre Darstellungen sind so verständlich und es ist so einleuchtend, dass der Schmerz vor dem warnt, was dem Körper nicht gut tut. Aber gibt es da auch Ausnahmen?
Mir hat der Orthopäde für die diagnostizierte beginnende Achillodynie (ich habe sie seit einigen Wochen, die Vorläufer davon schon seit 8 Monaten) sehr schmerzhafte Friktionsmassagen verordnet, die ich möglichst jede Stunde 5 Minuten lang durchführen soll. An Bewegung und Sport darf und soll ich alles machen außer plötzlichem Sprint, weil dann die Sehne reißt. Es gehört sehr viel Überzeugung dazu, eine Therapie anzufangen, die zehnmal mehr weh tut als die eigentliche Krankheit (bisher) selbst. Was raten Sie mir?
Ich bin 53, Verkäuferin, war bisher gut zu Fuß (beim normalen Gehen) und bekam die Achillesprobleme erst, nachdem ich 2x pro Woche Rehasport an Fitnessgeräten inklusive 6(!) Minuten Joggen auf dem Laufband angefangen habe.
03.02.2013 at 19:42
Guten Tag Frau Forth
Danke für die Rückmeldung. Das Prinzip der aufbauenden Dosierung ohne Verstärkung des Reizzustandes nach der Belastung und am anderen Tag gilt strikt für den Trainingstherapieaufbau. Es gibt daneben sehr wohl unterstützende Therapie, die auch mal schmerzhaft sein können. Das gilt für Frictionen wie auch für die manuelle Triggerpunktbehandlung (z.Bsp. der Wadenmuskulatur). Auch da gilt es jedoch die individuelle Gewebeempfindlichkeit zu berücksichtigen. Das Motto ist nicht „je schmerzhafter umso besser die Wirkung“. Das Prinzip muss sein, dass der Zusatzreiz der Friktion sich immer wieder beruhigt bis zum nächsten Mal.
Mir ist noch etwas anderes aufgefallen: Als Verkäuferin stehen sie mutmasslich sehr viel und da entwickelt sich häufig eine Veneninsuffizienz mit dem Gefühl von schweren Beinen am Abend. Nach meiner Erfahrung fördert das das Auftreten von Achillessehnenbeschwerden. In diesen Fällen empfehle ich unbedingt die Verwendung von Stützstrümpfen im Alltag und das hat meistens eine sehr direkte positive Auswirkung auf die Achillessehnenentzündung gehabt.
Alles Gute,
Christoph Reich
03.02.2013 at 20:35
Ich bleibe dabei: Die beste Therapie ist eine rund 4monatige absolute Schonung, ohne irgendwelche „Zutaten“. Seit Juni 2011 gehe ich wieder Joggen, mache Bergtouren ohne irgendwelche Beschwerden. Was geblieben ist: eine leicht verdickte Achillessehne, weil der Körper diese Schmerzstelle selber „verstärkt“ hat. Gut, so sehe ich es…
03.02.2013 at 20:50
Lieber Herr Rohner
Schön dass Sie für sich eine gute Lösung gefunden haben, es gibt ja immer auch individuelle Aspekte die zu berücksichtigen sind. Mein Vorgehen hat sich über viele Jahre bei sehr, sehr vielen Patienten bewährt. Selbstverständlich kann man den langsamen Aufbau auch viel später beginnen, das wird auch funktionieren, der Trainingsverlust ist einfach mit der längeren Dauer der Entlastung grösser.
Beste Grüsse, Christoph Reich
04.02.2013 at 16:52
Hallo Herr Dr. Reich-Rutz,
da ich gerade die neuen Blogbeiträge entdeckt habe, möchte ich mich auch mal wieder zur Wort melden.
Meine Achillesbeschwerden hatten ja 3 Jahre angedauert. Zwar hatte ich zwischenzeitlich Erfolge im Jahr 2011 durch Trainingsreduktion lt. Ihren Anweisungen und den Dehnungsübungen, aber irgendwann war es dann doch wieder recht schlimm, ganz weg war es damals nie. Zwischenzeitlich hatte ich alles mögliche ausprobiert, sogar Ackerschachtelhalm und Hekla Lava Globuli. Massagen u.v. m. Hab mich halt so durchgeschleppt. Dann im Sept. 2012 bin ich zu meinem damaligen Deutschen Osteopathen, der mich 1. mit genau diesen Friktionsmassagen an der Wade und 2. mit Behandlung nach dem Fasczien Distorsionsmodell nach Typaldos behandelt hat. Letztere ist ja ähnlich einer Triggerpunktbehandlung direkt am Fersenbein gewesen. Danach spürte ich merklich eine Besserung. Hier in der Schweiz fand ich allerdings keinen Therapeuten, der das in meiner Wohnortnähe anbot. Hatte ja einen Termin bei Ihnen, mit der Hoffnung, dass Sie das auch im Behandlungsspektrum hätten. Aber die von Ihnen gemachten Akupunkturbehandlungen gepaart mit den Triggerpunktbehandlungen in der Wade habe es dann zusammen mit den gezeigten Dehnübungen gebracht. 5 Akupunkturbehandlungen im Behandlungszeitraum von Sept. bis Nov. 2012 waren der wahre Erfolg.
Natürlich musste ich erst die passende Dosis für eine Laufeinheit finden, ohne falschen Ehrgeiz. Aber schon recht schnell konnte ich wieder wöchentlich steigern. Mittlerweile bin ich bei einer Streckenlänge von max. 26 KM und einer Wochenkilometerleistung von derzeit 78 KM beschwerdefrei angekommen. Ich gönne mir immer einen Pausentag dazwischen. Auch Bergläufe mache ich, obgleich ja viele davon abraten, diese bei Achillesbeschwerden zu machen. Doch ihre Aussage hat mich überzeuge und zwar dahingehend, dass ich immer schauen soll, dass ich nicht nur Anstiege laufe, sondern immer schön abwechselnd. Und genau so suche ich mir meine Bergstrecken aus, die zwischen 500 und 800 positiven Höhenmetern aufweisen. Ich denke, der Aletsch-Gletscher-HM im Juni kann kommen!
Vielen Dank für Ihre Hilfe, Herr. Dr. Reich-Rutz
mit freundlichen Grüssen
Ute Hock
04.02.2013 at 23:10
Hallo Herr Dr. Reich,
herzlichen Dank für Ihre schnelle Antwort!
Ich habe tatsächlich seit einem knappen Jahr dickere Beine, aber sie sind abends nicht schwer und der Arzt hat keine Veneninsuffizienz, sondern ein beidseitiges Lymphödem festgestellt. Gilt Ihr Rat mit den Stützstrümpfen auch dafür?
Falls ich die Friktionsmassagen nicht durchhalte – wären die von Ihnen erwähnten Bürstenmassagen eine Alternative, und wenn ja, wo finde ich eine Anleitung dazu?
Im Übrigen mache ich jeden Abend eiskalte Quarkwickel, was sich auch ganz gut anfühlt.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Forth
05.02.2013 at 21:41
Liebe Frau Fort
Kompressionsverbände oder Stützstrümpfe können sehr wohl eine Option sein. Sie müssen das aber mit ihrem Arzt besprechen, da er auch den Befund sieht.
Die Frictionen bringen auch etwas, wenn sie die Intensität auf ein für Sie erträgliches Niveau senken.
Bürstenmassagen erfolgen trocken morgens und abends mit einer Bürste, die ein leichtes, für die individuelle Haut erträgliches Kratzgefühl ergeben. Ziel ist die Verbesserung der Durchblutung und die Aktivierung des Gewebestoffwechsels.
Viele Grüsse
Christoph Reich
05.02.2013 at 22:03
Liebe Frau Hock
Vielen Dank für den Verlaufsbericht.
Ja, Bergauflaufen sieht für die Achillessehnenpatientin auf den ersten Blick bedrohlich aus, schliesslich ist es das pure Gegenteil der gelegentlich praktizierten Frühbehandlung mit Absatzerhöhungen. Andererseits gehört zum Endziel einer normalen Funktion der Achillessehne auch die Belastung bergauf. Wird diese durch die bekannten exzentrischen Übungen in Richtung Dehnstellung an der Treppenstufe schrittweise vorbereitet, können später auch getrost Phasen mit Bergauflaufen eingestreut werden.
Weiter alles Gute und viel Erfolg bergauf!
Christoph Reich
24.03.2014 at 21:57
Hallo Hr Dr Reich
Hoffe sie können mir weiterhelfen und ich bin hier richtig.Habe seit längerer zeit probleme beim gehen mit meinen beiden Füssen, da ich beidseits an den fersen einem Haglund habe. Wurde 2013 im Mai am Rechten Fuss deshalb operiert. Die Ferse ist soweit gut verheilt und schmerzt seither auch nicht mehr, was mich jedoch seither belastet ist die Schmerzende Achillessehne. Die Achillessehne muste für die OP an der Ferse gespalten werden und wurde anschlissend wieder zusammengenäht was mir seither im oberen drittel der AS sehr schmerzt und an diesem punkt auch täglich anschwillt. Physiotherapie hat nicht geholfen, der Cheff Arzt der Operiert hat weiss nicht weiter, habe dann mit TCM versucht die schmerzen zu behandeln was bis jetzt auch nicht geholfen hat. Kennen sie diese problem, an wen kann ich mich wenden im Kanton Solothurn oder Aargau der auf Achillessehnen spezialisiert ist? Arbeite von früh bis spät auf den Füssen was die schmerzen noch verstärkt.
besten Dank für Ihre Antwort
J. Bösse
26.03.2014 at 07:02
Guten Tag Herr Bösse
Einen analogen Fall habe ich nicht gesehen, allerdings kann jede Veränderung das Gleichgewicht der Achillessehne stören und zu einer Überlastungssituation führen. Die Behandlung dürfte die gleiche sein, wie bei anderweitig ausgelösten Achillodynien. Die Sehnen kennen eigentlich nur eine „Sprache“ um auf Störungen zu reagieren. Einen lokalen Achillessehnenspezialisten kann ich Ihnen leider nicht nennen.
Viele Grüsse, Christoph Reich
05.06.2014 at 14:06
Guten Tag, Herr Dr. Reich,
ich möchte jetzt mal eine positive Rückmeldung machen.
Nach den jahrelangen Problemen mit Achillis und Tibialis gab es nach einer Zwangspause wegen einer Stressfraktur im Mittelfuss im Herbst letzten Jahres eine Zwangspause von 7 Wochen. Danach hatte sich das ganze endlich mal beruhigt. Die Tipps für ihr Aufbautraining, dass ich bis Ende letzten Jahres durchführte, haben Erfolg gezeigt. Mittlerweile konnte ich am Kerzerslauf (15 km), dem Tüfelsschlucht-Berglauf (8,3 km u. 750 Höhenmeter), dem Luzerner Stadtlauf, dem Blüemlisalp-Berglauf (10 Meilen, 968 Höhenmeter) und jetzt am Gempen-Berglauf (7,6 km, 426 Höhenmeter) erfolgreich teilnehmen.
Geduld zahlt sich aus. Geduld mit sich selbst, dem Heilungsverlauf, dem Trainings- und Aufbauplan.
Merci, Herr Dr. Reich-Rutz.
lg Ute Hock
07.06.2014 at 10:07
Guten Tag Frau Hock
Die Schilderung ihrer Erfahrungen motiviert sicher andere, auch die notwendige Geduld aufzubringen.
Vielen Dank!
Christoph Reich